Haushaltsrede und Anträge zum Haushalt 2024

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren aus Rat und Verwaltung,
sehr geehrte Zuhörende hier in der Aula,

kommunalpolitisch war das Jahr 2023 für uns in Hörstel turbulent. Besonders kontrovers dis-
kutiert wurde das 3. Stockwerk des geplanten Rathausneubaus
An dieser schwierigen Frage hat sich für mich eine weitere Frage entzündet: Wie können wir
eine konstruktive Diskussionskultur erhalten, die auf Respekt vor dem Gegenüber basiert? Ge-
nau darauf ist unsere Demokratie angewiesen. Neben dem Zuhören und Abwägen ist es wich-
tig, offen für neue Perspektiven zu sein und Kompromisse zu finden. In der Demokratie sind
Standpunkte und Zuspitzungen notwendig. Entscheidend ist aber, dass man fair und sachlich
argumentiert und sich der Wirkungen des Gesagten bewusst ist.
Leider ist an einigen Stellen das Gegenteil zu beobachten. Standpunkte werden plakativ und
undifferenziert vertreten und populistisch emotionalisiert. Das schadet der Demokratie und
öffnet rechtsextremen Tendenzen Tür und Tor.
Populismus gefährdet unsere demokratischen Werte, gesellschaftlichen Zusammenhalt und
fördert den Rechtsdrall. Dass dieser auch vor Hörstel nicht Halt macht, sehen wir am Wahl-
verhalten der Schülerinnen und Schüler der Gesamtschule bei der letzten Bundestagswahl und
an den Wahlergebnissen insbesondere in den Hörsteler Wahlbezirken.
Stellen wir uns gemeinsam dem ‚Rechtsruck‘ entgegen, damit unsere Gesellschaft demokra-
tisch, vielfältig und tolerant bleibt.
Im Dezember 2023 wurden zwei Stolpersteine verlegt, ein gutes Zeichen und ganz im Sinne
unseres Antrages vom Januar 2019. Die Stolpersteine sind ein bedeutender Baustein gegen
das Vergessen, denn sie holen die Opfer des Nationalsozialismus in unseren Alltag zurück. Als
Gemeinschaftsprojekt der Harkenberg Gesamtschule, des Heimatvereins Bevergern und der
Stadtverwaltung verwirklicht machen die Stolpersteine auf die Bedeutung der Erinnerungs-
kultur aufmerksam.
Die zahlreichen Krisen und Herausforderungen wie Kriege, die Energiekrise, der Klimawandel,
der Fachkräftemangel und der demografische Wandel machen auch vor Hörstel nicht halt.
Die Auswirkungen spiegeln sich in unserem Haushalt wider. Trotzdem hat uns die Verwaltung
mit dem Haushalt 2024 einen soliden Plan vorgelegt – ohne ein Streichkonzert von freiwilligen
Leistungen. Uns allen ist aber klar: Die Spielräume werden enger und erfordern eine konstruk-
tive Diskussion. Wir müssen kräftig in die Zukunft investieren. Das wird zu deutlich höheren
Schulden und höheren Zinsbelastungen führen und sich folgerichtig auf künftige Haushalte
auswirken.
Gemeinsam müssen wir aber Lösungen finden, Prioritäten setzen und konstruktiv über Ein-
sparungen diskutieren, um den begrenzten Spielraum bestmöglich zu nutzen. Wir haben viele
Bauprojekte umzusetzen: Flüchtlingsunterkünfte, Schulen, ein Rathaus und viele kleine Pro-
jekte mehr. Ja, dafür benötigen wir sehr viel Geld.
Dennoch: sowohl der Bürgermeister als auch der Kämmerer haben, als der Haushalt 2024 ein-
gebracht wurde, auf die Risiken für die folgenden Haushalte hingewiesen. Hier wird aus unse-
rer Sicht verantwortungsvoll geplant.
Ende August haben 60% der NRW-Kommunen in einer Umfrage des Städte- und Gemeinde-
bundes angegeben, dass sie möglicherweise in die Haushaltssicherung rutschen werden. Da-
mit uns das nicht passiert, sind wir in diesem Jahr gefordert, Maßnahmen zu ergreifen, um
den Haushalt zu verbessern. Das betrifft sowohl Einnahmen als auch Ausgaben. Deshalb be-
antragen wir die Bildung einer Arbeitsgruppe, die sich ergebnisoffen mit den freiwilligen Leis-
tungen des Etats beschäftigt. Das Gesamtergebnis kann dann nach einem entsprechenden
Ratsbeschluss in den kommenden Haushalt einfließen.
Mit unserem letztjährigen Antrag, die Schulentwicklungsplanung zu überprüfen, haben wir
sehr kontroverse und auch emotionale Diskussionen ausgelöst. Wir haben damit einen Kos-
tenvergleich zwischen der Erweiterung der St.-Bonifatius-Grundschule und der Erweiterung
der Sünte-Rendel-Grundschule gefordert, der die Schülerbeförderungskosten einbezieht.
Wir, die Fraktion der Grünen, haben damit ein unbequemes Thema auf die Tagesordnung ge-
setzt und uns nicht nur Freunde gemacht. Dennoch sind wir davon überzeugt, dass wir den
richtigen Weg eingeschlagen haben, denn wir können die Diskussion weder aussitzen noch
auf die lange Bank schieben.
Von einigen Seiten wurde suggeriert, dass wegen des 3. Obergeschosses im Rathausneubau
nicht mehr in die Schulen investiert werden könne. Dass es sich dabei um eine komplette Fehl-
information handelt, zeigt der Haushalt für dieses Jahr. Das Gegenteil ist richtig:
Für die Ludgerusschule sind 3.000.000 € für den Erweiterungsbau und 330.000 € für ein Sanie-
rungskonzept und Sanierungsmaßnahmen vorgesehen. Dazu kommen 80.000 € für die Aus-
stattung der Räume und 40.000 € für das Soccerfeld. An der Gesamtschule Harkenberg sind
insgesamt 265.000 € für verschiedene Sanierungsmaßnahmen und an der Sünte-Rendel-
Grundschule 210.000 € für die OGS-Küche veranschlagt. Insgesamt also gut 3,8 Millionen €.
Diese vielen und hohen Investitionen bleiben möglich und zeigen, dass ein qualitativ hochwer-
tiges Lernumfeld für unsere Schülerinnen und Schüler für uns von höchster Bedeutung ist.
Positiv ist, dass sich aus unserem Antrag ein Arbeitskreis Schulentwicklungsplanung ergeben
hat. Dieser setzt sich konstruktiv mit den beiden verbleibenden Grundschulen und den offe-
nen Fragen dort auseinander. Wir hoffen, dass die Machbarkeitsstudie, die noch in diesem
Jahr erstellt werden soll, Klarheit für das weitere Vorgehen bringen wird.
Die Grünen werden auch nicht müde, das Thema „Wirtschaftswege“ ein ums andre Mal auf
die Agenda zu setzen. Das Arbeitsprogramm des Fachdienstes Tiefbau sieht für das kommende
Jahr den vollständigen oder teilweisen Ausbau von drei Wirtschaftswegen vor. Und das für
eine Summe von 725.000 €.
Dass wir unsere Infrastruktur erhalten müssen, ist uns Grünen klar. Wir sind auch keineswegs
gegen den Ausbau von Wirtschaftswegen. Aber der Ausbau muss so stattfinden, wie wir es in
der Ratssitzung am 05.02.2020 beschlossen haben: Ein Wegenetzkonzept für die landwirt-
schaftlichen Wege muss vorliegen. Weitere Straßenbaumaßnahmen, die nicht zu den notwen-
digen Unterhaltungsmaßnahmen gehören, sollen erst dann umgesetzt werden, wenn über die
Förderung für der Ausbau von ländlichen Wegen entschieden wurde.
Und wo sind die anderen Fraktionen, wenn es darum geht an dieser Stelle zu sparen? Haben
wir nicht woanders mehr Sorgen als bei den Wirtschaftswegen? Nehmen wir die Stüwwe-
straße in Bevergern als Beispiel.
Rückblickend hätten wir uns aus dem Topf für Wirtschaftswege auch einen Gegenfinanzie-
rungsvorschlag für die leidige Schulhofdiskussion in Dreierwalde vorstellen können.
Dass ich den lokalen Klimaschutz erst zum Schluss meiner Rede thematisiere, heißt nicht, dass
er weniger dringlich geworden ist.
Für uns Grüne ist glasklar: Die Klimakrise wird viel teurer, als der Klimaschutz an sich je sein
kann. Wir dürfen die Zukunft nicht verspielen.
Was für Schulden hinterlassen wir unseren Kindern, wenn wir unsere städtischen Gebäude
nicht energetisch sanieren? Wenn wir nicht investieren, um unseren nachfolgenden Genera-
tionen eine Umwelt zu erhalten, in der sie leben können? Wenn wir nicht investieren, tauchen
die Schulden zwar in den gegenwärtigen Bilanzen nicht auf. Sie kommen aber unseren Kindern
in der Zukunft teuer zu stehen.
Was wir heute in die Erhaltung unserer städtischen Gebäude investieren, sichert den Wert für
künftige Generationen und verhindert einen Investitionsstau. Aus diesem Grund sind wir aus-
drücklich für die Umsetzung der geplanten Maßnahmen.
Beim Klimaschutz ist uns der dringend notwendige Einstieg in die Mobilitätswende gelungen:
Dreierwalde hat jetzt das Carsharing. Riesenbeck wird nun nach dem Beschluss des Rates als
zweiter Standort mit einem Car-Sharing-Angebot folgen.
Wir bedauern dagegen sehr, dass unser Antrag auf Umwidmung der Harkenbergstraße als
Fahrradstraße abgelehnt wurde. Es ist ja nicht so, dass hier im Kreis Steinfurt nichts für den
Ausbau des Radwegenetzes getan würde. Nur leider geht es hier in der Stadt Hörstel so gut
wie gar nicht voran. Was alles möglich ist, erleben wir, wenn wir mit dem Rad nach Ibbenbüren
oder Rheine fahren. Wir sind überzeugt, dass es neben der Harkenbergstraße einige Strecken
in Hörstel gibt, die fahrradfreundlicher und mit Fahrradvorrang gestaltet werden können.
Im Jahr 2023 stand die Freiflächenphotovoltaik mehrfach auf der Tagesordnung. Der Rat der
Stadt Hörstel hat sich gegen eine Unterstützung von Projekten entschieden, die über die ge-
setzlich geregelten Flächen hinausgehen. In der vorangehenden Diskussion wurden immer
wieder bewusst falsche Gegenargumente ins Feld geführt, die bei sachlicher Betrachtung nicht
stichhaltig sind.
Die Fläche von 160 ha an der Bundesautobahn sei hier nur als Beispiel genannt.
Der Kreis hatte in seiner Informationsveranstaltung bestätigt, dass nur ein kleiner Teil zwi-
schen 20 und 40 % dieser Fläche tatsächlich geeignet ist. Trotzdem hat der Rat mit knapper
Mehrheit eine Lösung verhindert, welche Photovoltaik auf Freiflächen an technisch und eigen-
tumsrechtlich geeigneten Standorten zulässt. Eine weitere Option auf regelmäßige Gewerbe-
steuereinnahmen ist damit auch noch entfallen.
Aus Sicht der Grünen ist der Ausbau der erneuerbaren Energien nicht nur mehr als dringend
geboten, sondern trägt auch langfristig zur Sicherung des Wohlstandes in unserer Stadt bei.
Die ländlichen Regionen werden, wie das Ruhrgebiet im 19. und 20. Jahrhundert, zum Motor
für die Energieversorgung, diesmal aber mit erneuerbarer Energie und weniger Umweltschä-
den. Die jüngste Vergangenheit hat gezeigt: Der bundesweite Anstieg der Energiepreise wird
durch den Ausbau der Erneuerbaren Energien deutlich gedämpft, ja sogar deutlich reduziert.
Davon profitieren jede Einwohnerin und jeder Einwohner über die eigene Stromrechnung.
Ich habe eingangs über die Gefahren des Populismus und des Rechtsdralls in unserer Gesell-
schaft gesprochen. Dass am vergangenen Sonntag so viele Menschen in Hörstel zusammen-
gekommen sind, um ein Zeichen gegen rechtsextreme Tendenzen zu setzen, ist ermutigend.
Sie haben nach dem Satz von Helmut Schmidt gehandelt: „Der Einsatz für Recht und Men-
schenwürde ist in einer Diktatur Widerstand – in einer freiheitlichen Demokratie dagegen eine
von der Verfassung gebotene Pflicht.“
Bei den bevorstehenden Europawahlen können wir unsere Stimme für Recht und Menschen-
würde, für eine offene und vielfältige Gesellschaft, für mehr Gerechtigkeit und Stabilität bei
uns und in der Welt einsetzen.
Engagement und Ideenaustausch auf kommunaler Ebene, auf der Ebene der Länder und des
Bundes und in der Europäischen Union sichern unsere Zukunft und die Zukunft unserer Kinder
und Enkelkinder. Packen wir es selbst an!
Angepackt haben es bereits viele Vereine, Gruppen und Menschen in Hörstel. Mit ihrem En-
gagement prägen sie maßgeblich das Zusammenleben in der örtlichen Gemeinschaft, Euer
Engagement ist vorbildlich. Gemeinsam gestalten wir eine lebendige und demokratische Stadt
Hörstel. Dafür sage ich herzlichen Dank.

07.02.24
Gez. E. Graw
Es gilt das gesprochene Wort


Antrag auf einen Einstieg in die Bauleitplanung für das Erholungsgebiet Torfmoorsee

Die Bauleitplanung für das Erholungsgebiet Torfmoorsee wird 2024 eingeleitet.
Begründung:

In unserem Tourismuskonzept wurde der Torfmoorsee als ein Bestandteil der weiteren tou-
ristischen Entwicklung gesehen. Das Konzept sieht vor, eine Planungssicherheit für die
Gastronomie zu schaffen und zu gewährleisten, dass Ausbauten nur im Rahmen von Quali-
tätsverbesserungen bestehender Strukturen zugelassen werden. Der nächste konkrete
Schritt sieht eine Aktualisierung des Bebauungsplanes von 1977 vor. Da die gesetzt Frist be-
reits verstrichen ist und der Pachtvertrag mit dem jetzigen Pächter Ende 2024 ausläuft sehen
wir hier dringenden Handlungsbedarf.

Elisabeth Graw
Fraktionsvorsitzende

Antrag auf Gründung einer Arbeitsgruppe:
„Freiwillige Leistungen im Haushalt der Stadt Hörstel“

Der Rat der Stadt Hörstel beschließt die Gründung einer Arbeitsgruppe „Freiwillige Leistun-
gen im Haushalt der Stadt Hörstel“.

Die Arbeitsgruppe besteht aus jeweils 2 Vertreter*innen aller im Rat vertretenden Fraktionen
sowie dem Bürgermeister, dem Kämmerer und dem Ratsmitglied der FDP.
Die Arbeitsgruppe bewertet im Jahr 2024 ergebnisoffen alle Einzelposten der freiwilligen
Leistungen der Stadt Hörstel mit dem Ziel, dem Rat der Stadt Hörstel für das Haushaltsjahr
2025 Einsparpotenziale zu empfehlen.
Begründung:
Bei der Vorstellung des Haushaltes 2024 haben sowohl der Bürgermeister als auch der
Kämmerer Hinweise auf die Risiken der folgenden Haushalte und Anmerkungen zu den frei-
willigen Leistungen gegeben.
Die dem Rat zum Haushalt 2024 vorgelegte Liste der freiwilligen Leistungen der Stadt Hörs-
tel benötigt aus unserer Sicht eine Prüfung und Aktualisierung nach Art und Umfang der Ein-
zelposten.
Nach Bearbeitung und Anpassung könnten einvernehmlich durch Ratsbeschluss sowohl
möglicherweise notwendige Kürzungen als auch Anpassungen der Leistungen im Haushalts-
jahr 2025 der Öffentlichkeit präsentiert werden.

Elisabeth Graw
Fraktionsvorsitzende

Antrag auf Aussetzen des Haushaltsansatzes für den Ausbau von Wirtschaftswegen
für das Jahr 2024


Der laufende Haushaltsansatz für den Ausbau von Wirtschaftswegen wird 2024 ausgesetzt.
Begründung:

In dem Arbeitsprogramm des Fachdienstes Tiefbau werden für 2024 Maßnahmen in Höhe
von insgesamt 725.000€ für den (Teil-)Ausbau von 3 Wirtschaftswegen geplant. In diesem
Betrag ist die geplante Summe von 200.000€ für das Jahr 2024 enthalten.
Der Rat hat beschlossen, den Ausbau von Wirtschaftswegen von einer Förderung abhängig
zu machen und jeweils eine Straße im Jahr umzusetzen.
Ein Aussetzen gefährdet daher nicht das geplante weitere Vorgehen beim Ausbau der Wirt-
schaftswege, da noch 525.000€ zur Verfügung stehen.

Elisabeth Graw
Fraktionsvorsitzende

Antrag auf einen Sperrvermerk für den fortgeschrienen Haushaltsansatz des Ausbaus
von Wirtschaftswegen


Der fortgeschriebene Haushaltsansatz für den Ausbau von Wirtschaftswegen wird mit einem
Sperrvermerk versehen. Die Auszahlung ist abhängig von einer Förderzusage.
Begründung:

In der Ratssitzung vom 05.02.2020 wurde beschlossen, dass ein Wegenetzkonzept für die
landwirtschaftlichen Wege erstellt werden sollte und das weitere Straßenbauarbeiten, die
nicht zu den notwendigen Unterhaltungsmaßnahmen gehören, erst stattfinden sollen, wenn
über die Förderung für den Ausbau von ländlichen Wegen entschieden wurde.
Bisher haben wir sehr gute Erfahrungen mit den Förderanträgen gemacht und sollten daher
auch künftig, zur Entlastung des Haushaltes, geplante Maßnahmen weiterhin von einer För-
derung abhängig machen.

Elisabeth Graw
Fraktionsvorsitzende

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